30. August 2019
Verehrte Muslime!
Zu Beginn seiner Prophetenschaft lud unser Prophet zunächst seine Verwandten und die Mekkaner zum Islam ein. Wer dieser Einladung folgte, musste mit Verfolgung durch die mekkanischen Götzendiener rechnen. Einige Muslime flohen deswegen nach Abessinien, wo ein gerechter, christlicher König herrschte. Später wanderten sie nach Medina aus. So wurde Medina zum Zentrum des Islams. Durch die Hidschra gelangten die Muslime an einen Ort, an dem sie den Islam frei ausleben konnten.
Liebe Geschwister!
Die Auswanderer nach Medina, also die „Muhâdschirûn“, hatten ihr gesamtes Hab und Gut zurückgelassen. Um ihnen zu helfen knüpfte der Prophet ein Band der Freundschaft zwischen ihnen und ihren Helfern in Medina, den „Ansâr“. Dadurch wurde auf der durch die Stammeskultur geprägten Arabischen Halbinsel eine neue Solidarität geschaffen, die weder von Macht noch Verwandtschaft abhing. Die Medinenser teilten ihr Essen und ihr Zuhause mit den Auswanderern. Im Koran heißt es: „Diejenigen, die vor ihnen hier (in Medina) im Glauben zu Hause waren, lieben die, welche zu ihnen auswanderten, und fühlen in sich kein Verlangen nach dem, was ihnen gegeben wurde. Sie ziehen sie sich selbst vor, auch wenn sie selber bedürftig sind. Wer so vor seiner eigenen Habsucht bewahrt ist – denen ergeht es wohl.“[1] Dieser Vers soll uns bis zum Jüngsten Tag an den guten Charakter der medinensischen Muslime erinnern.
Verehrte Muslime!
Auch heute sollten wir Muslime uns ein Beispiel an der Geschwisterlichkeit nehmen, die uns die Sahâbîs vorgelebt haben. Interessieren auch wir uns für unsere Geschwister, die in anderen Teilen der Welt leben? Teilen wir ihre Sorgen? Und können wir ihren Schmerz und ihr Leid nachempfinden? Tun wir etwas, um ihre Probleme zu lösen? In diesem Zusammenhang sagte unser Prophet: „Die Muslime gleichen in ihrer Barmherzigkeit und ihrer Zuneigung füreinander einem Körper. Wenn ein Teil davon leidet, reagiert der ganze Körper mit Fieber und Schlaflosigkeit.“[2]
Liebe Geschwister!
Die Geschwisterlichkeit nach der Hidschra, die einen besonderen Platz in der Menschheitsgeschichte gewann, ist uns allen bis zum Jüngsten Tag ein zeitloses Beispiel. Ganz egal welche Sprache, Hautfarbe und ethnische Herkunft jemand hat, wer an Allah und seinen Gesandten glaubt, der ist unser Bruder bzw. unsere Schwester im Islam. Allah der Erhabene sagt: „Die Gläubigen sind Geschwister.“[3] Dieser Grundsatz ist heute wichtiger denn je. Denn vergessen wir nicht: Unsere muslimischen Geschwister in anderen Teilen der Welt zu unterstützen ist für uns ebenso verpflichtend wie die Verrichtung des Gebets, das Entrichten der Zakat und das Fasten.
Wir nähern uns einem neuen islamischen Kalenderjahr. Deshalb gilt es, die vorbildliche Geschwisterlichkeit zwischen den Ansâr und den Muhâdschirûn wiederzubeleben und weiterzutragen. Dieser Pflicht gehen wir nach, indem wir zum Beispiel unseren Geschwistern um uns herum, die aus anderen Ländern ausgewandert sind, die Hand reichen und ihnen helfen.
Mögen Allah uns zu jenen gehören lassen, die sich für die Umma einsetzen und sich um die Lösung ihrer Probleme bemühen. Âmîn.
[1] Sure Haschr, 59:9
[2] Muslim, Birr, 17; Buhârî, Adab, 27
[3] Sure Hudschurât, 49:10