10. Januar 2020

Verehrte Muslime!

In einem Hadith sagte unser Prophet ﷺ: „Jede Religion hat einen eigenen Charakterzug. Der Charakter des Islams ist die Schamhaftigkeit.“[1] Schamhaftigkeit, also Hayâ, ist ein essenzieller Teil unserer Religion. Sie zählt zu den Tugenden, die es zu bewahren gilt. Leider verliert sie aber immer mehr an Wert. Ein Grund hierfür ist das Internet, das Gabe und Prüfung zugleich ist. Dank des Internets kommen wir per Mausklick an allerlei nützliche Informationen. Wir haben aber auch gleichzeitig Zugriff auf schädliche Inhalte. Statistiken zeigen, dass jede vierte Suchmaschineneingabe zu freizügigen und pornografischen Seiten führt. Daher ist es kein Wunder, dass nur eine dieser Seiten täglich über 81 Millionen Mal aufgerufen wird. Leider werden sie auch von muslimischen Internetnutzern besucht.

 

Liebe Geschwister!

Wir Muslime schweigen oft zu diesen Themen. Wenn wir das Problem aber nicht benennen, können wir auch keine Lösung dafür finden. Heute kommen Kinder durchschnittlich im Alter von zehn Jahren in Kontakt mit solchen Inhalten. Einer Studie zufolge ist jeder zehnte abhängig von Online-Pornografie, wobei Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen.

Menschen, deren Geist mit derartigen Inhalten gefüllt und beschäftigt ist, sind nicht in der Lage, sich geistig und spirituell weiterzuentwickeln. Unser Prophet ﷺ sagte: „Der Blick auf das Verbotene ist einer der vergifteten Pfeile des Iblîs. Wer es unterlässt, weil er Allah fürchtet, dem wird Allah einen Îmân geben, dessen Süße er in seinem Herzen verspürt.[2]

Verehrte Muslime!

Schamlosigkeit und Freizügigkeit schaden dem Menschen nicht nur im Diesseits, sondern auch im Jenseits. Menschen mit einer Pornografie-Sucht können sich ihre Abhängigkeit in der Regel nicht eingestehen und verlieren schließlich die Kontrolle darüber. Sie werden unempfindlicher und stumpfen ab. Es kommt letztendlich auch zu körperlichen Beeinträchtigungen, die zu Eheproblemen führen. Unser Prophet ﷺ sagte: Gewiss, ich kenne Menschen aus meiner Umma, die am Jüngsten Tag mit Taten gleich großen weißen Bergen kommen werden; jedoch wird Allah diese Taten sich in Luft auflösen lassen.“ Da sagten die Gefährten: „Beschreibe sie uns, o Gesandter Allahs, sodass wir nicht zu ihnen gehören, ohne es zu wissen.“ Er sagte: „Sie sind eure Brüder, von eurer Art. Sie verbringen die Nacht mit Ibâdâs sowie ihr es tut. Doch wenn sie allein sind, überschreiten sie die Grenzen Allahs.[3]

Liebe Geschwister!

Trotz dieser deutlichen Warnung unseres Propheten ﷺ sollte ein Muslim nicht die Hoffnung verlieren. Wer unter einer solchen Sucht leidet, sollte sie sich zunächst eingestehen und Allah darum bitten, von ihr loszukommen, wieder den rechten Weg zu finden und seine Vergebung und Heilung zu erlangen. Er sollte aufrichtig bereuen, häufig beten und fasten, um Allah nahe zu sein. Außerdem sollte man sich ein gutes Umfeld schaffen, das einen stützt und zum Guten führt. Gleichzeitig sollte man sich darum bemühen sich mit Nützlichem beschäftigt zu halten.

Verehrte Muslime!

Wir beenden unsere Hutba mit dem folgenden Koranvers: Sage den Gläubigen, dass sie ihre Blicke senken und ihre Keuschheit wahren sollen. Das ist geziemender für sie. Siehe, Allah kennt ihr Tun.[4]

Möge Allah uns ermöglichen, uns von allem Verbotenen fernzuhalten, damit wir nicht zu jenen gehören, deren Taten nichtig sind.  Amin

[1] Muwatta, Husn al-Huluk, 9, Hadith Nr. 1644
[2] Hâkim, Mustadrak, 5/446, Hadith Nr. 7945; Der Hadith ist unter Berücksichtigung der diversen Überlieferungswege „hasan“.
[3] Ibn Mâdscha, Zuhd, Hadith Nr. 4245
[4] Sure Nûr, 24:30