21. Februar 2020

Verehrte Muslime!

Die Geschichte ist voller Menschen, die ihr Leben lang für Wahrheit und Gerechtigkeit gekämpft haben. Diese vorbildlichen Menschen waren sich ihrer Verantwortung als Allahs Statthalter auf Erden stets bewusst. Es sind in erster Linie die Propheten, die diese Verantwortung getragen haben, sowie alle aufrichtigen Menschen, die für ihre Werte und Überzeugungen kämpften.

 

Liebe Geschwister!

Unser Prophet ﷺ und seine Sahâbîs haben uns schon vor 1400 Jahren vorgemacht, was es heißt, ein Vorbild und Pionier zu sein. Pioniere, die den Muslimen und der gesamten Menschheit den Weg weisen, wird es inschallah bis zum Jüngsten Tag geben. In einem Koranvers werden diese besonderen Menschen wie folgt beschrieben: „Die Vorreiter (im Diesseits) sind die Vorreiter (im Jenseits). Sie sind diejenigen, die (Allah) nahegebracht werden; in Gärten der Glückseligkeit, (darunter) eine große Zahl der Früheren und wenige der Späteren.[1]

Verehrte Muslime!

Muslime, die sich durch ihren Îmân, ihr Wissen und ihre Taten hervorgetan haben, sind zeitlose Vorbilder für alle nachfolgenden Generationen. Sie machten nicht nur auf die Probleme der islamischen Gemeinschaft aufmerksam, sondern lebten auch vor, was gut und richtig ist. Ihr Ehrgeiz und ihre Beständigkeit waren ein Zeichen ihrer Aufrichtigkeit. Sie beklagten sich nicht über etwaige Schwierigkeiten, sondern betrachteten diese sogar als Segen.

Die Pioniere legten außerdem großen Wert auf die Erziehung von starken Persönlichkeiten, die sich ihrer Rolle und Verantwortung als Geschöpfe Allahs bewusst sind. In ihrem Streben nach einer Welt, in der Recht und Gerechtigkeit herrschen, haben sie viel durchgemacht. Trotzdem haben sie standhaft an ihren Idealen festgehalten. In einer Zeit, in der es der Menschheit an Mitgefühl und Barmherzigkeit fehlt, haben sie sich nicht dem Zeitgeist ergeben, sondern machten es sich zur Aufgabe, diese Werte zu beleben.

Liebe Geschwister!

Unser Prophet ﷺ sagte: „Wer im Islam einen guten Brauch einführt, bekommt sowohl für die eigene Tat Lohn bei Allah als auch für die Tat derjenigen, die sie ausführen. Und wer einen Weg für üble Taten ebnet, wird sowohl die Sünde der eigenen Tat als auch die Sünde derjenigen auf sich laden, die sie seinetwegen ausführen.“[2]

In unserer heutigen Zeit braucht es erneut aufopfernde Taten, um zu Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Recht zu finden. Unsere Vorbilder und Pioniere sind uns und den zukünftigen Generationen ein Beispiel darin. Ihre Hingabe ist eine Inspiration für uns alle.

In diesem Sinne wird unsere Gemeinschaft in den kommenden Tagen im Rahmen von Gedenkveranstaltungen den Vorbildern und Pionieren unserer Zeit gedenken. Wir laden alle dazu ein, diese Gedenkfeiern mit Familie und Freunden zu besuchen. Möge Allah uns ermöglichen, in die Fußstapfen unserer Vorbilder zu treten. Âmîn.

Anhang (über das Attentat von Hanau, 19.02.2020)

Verehrte Muslime!

Als Ergebnis des in Europa immer weiter ansteigenden Rassismus und der Diskriminierung kam es zu einem weiteren schrecklichen Überfall. Im hessischen Hanau wurden am Mittwoch bei einem terroristischen Angriff auf zwei Geschäfte zehn unschuldige Menschen auf brutale Art und Weise ermordet. Für die Verstorbenen bitten wir um Allahs Barmherzigkeit, für die Verletzten um Heilung und für die Hinterbliebenen um Geduld. Sich darum zu bemühen Liebe, Barmherzigkeit und Toleranz zu verbreiten ist eine religiöse Aufgabe, wie auch ein Erfordernis des Gewissens. Dazu beizutragen, dass Europa ein Ort wird, in dem Unterschiede als Gewinn gesehen werden und es keinen Platz für Rassismus und Diskriminierung gibt, ist die Verantwortung der gesamten Gesellschaft – allen voraus jedoch die der Politiker. Für die Gewährleistung der Sicherheit und die Prävention solcher rassistisch motivierten Attentate muss die Regierung mit ihrem Sicherheitsapparat ernste Maßnahmen ergreifen. Wir bitten Allah nochmals um Barmherzigkeit für die Verstorbenen und Heilung für die Verletzten. Den Hinterbliebenen sprechen wir unser herzliches Beileid aus.

[1] Sure Wâkia, 56:10-14
[2] Muslim, Ilm, 6, Hadith Nr. 1017